Das Karpalgelenk - kleines Gelenk, große (Aus)Wirkung

In diesem Artikel möchte ich euch das Karpalgelenk vorstellen und seine Auswirkungen, wenn es sich nicht im Idealzustand befindet.

Das Karpalgelenk befindet sich etwa in der Mitte der beiden Vorderbeine in Höhe des menschlichen Knies. Es besteht aus 10 Knöchelchen, neun auf der Vorderseite (frontal gesehen), und einem auf der "Rückseite" (caudal gesehen). Die neun Knöchelchen sind mit zwei Gelenkspalten "verbunden" und sind bedingt in jede Richtung beweglich. Das "Außenseiter-Knöchelchen" Nummer 10 ist mit den übrigen Knöchelchen ebenfalls verbunden und liegt mittig (median) auf der Rückseite des Beins. Die Zuständigkeit des Gelenks liegt im Beugen und Strecken der vorderen Gliedmaßen.

Ich werde euch nun anhand der Anatomie des Karpalgelenks erklären, was passieren kann, wenn in diesem Gelenk eine Blockade vorhanden ist.

Das Karpalgelenk besteht auf der Vorderseite aus 9 kleinen Knöchelchen, die sich bedingt hin und her bewegen können. Sie können weiter nach vorne oder nach hinten stehen. Nehmen wie also einmal an, dass ein Knöchelchen oder mehrere nicht mehr auf der Ideallinie sind, sondern nach hinten "gewandert" sind. Dies hat zur Folge, dass das Karpalgelenk in seiner Fähigkeit sich zu beugen stark eingeschränkt wird und der Schwung aus der Schulter nicht mehr richtig auf das restliche Bein übertragen wird.

Sichtbar für den Reiter wird dies dann dadurch, dass die Bewegung in der Vorhand nicht mehr fließend abläuft. Ich meine damit, dass das Pferd den Schwung zwar super aus der Hinterhand auf die Vorhand überträgt der untere Teil des Bein ab dem Karpalgelenk aber scheinbar nichts davon mitbekommen hat. Dieser Teil reagiert bei leichter Verschiebung der Knöchelchen etwas verzögert, bei Verschiebung mehrerer Knöchelchen fehlt dem Vorderbein deutlich an Raumgriff.

Im Dressurport hat dies natürlich zum einen Auswirkungen auf die Wertungsnoten und zum anderen kann das Pferd besonders versammelte Bewegungen nur noch schwer umsetzten, da der Schwung aus der Hinterhand einfach nicht mehr unten in der Vorhand ankommt.

Im Springsport hingegen führt diese Läsion dazu, dass das Pferd bei der Landung nach dem Sprung sein eigenes Gewicht nicht mehr gut abfedern kann. Dies kann zum Stolpern oder zu unsauberen Landungen führen, die natürlich Zeit kosten. Aber auch im Sprungverhalten wird das Pferd beeinträchtigt, da die Bewegung beim Absprung nur verzögert weitergegeben wird und die Vorhand dann größere Schwierigkeiten hat den Sprung fehlerfrei zu absolvieren. Die Fehlerfreie Absolvierung des Sprungs wird natürlich auch dadurch erschwert, dass das Pferd seine Beine nicht mehr gewohnt weit abbeugen kann, da nun Knöchelchen dies blockieren. Nicht zu Letzt ist aber gerade der Galopp in seinem Raumgriff stark eingeschränkt, was zu verkürzten Galoppsprüngen führen kann.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ein oder mehrere Knöchelchen nach vorne rutschen und somit die Streckfunktion des Karpalgelenks beeinflussen. Durch die Vorständigkeit der Knöchelchen verhindert die Anatomie des Karpalgelenks ein komplettes Strecken des Beins, da die Knöchelchen dieser Bewegung einfach im Weg stehen.

Gerade die Auswirkungen auf den Dressursport denke ich erklären sich bei dieser Läsion von alleine. Ich denke jedem ist klar, wie wichtig es bei vielen Lektionen ist, dass die Beine quasi komplett durchgestreckt sind.

Im Springsport kommt diese Läsion so gut wie gar nicht vor, da bei jeder Landung der Pferde nach einem Sprung ein leichter rückwärtswirkender Druck auf das Karpalgelenk ausgeübt wird.

Häufiger kommt es also vor, dass einzelne Karpalgelenksknöchelchen rückständig sind. Doch wodurch entsteht eine derartige Veränderung im Karpalgelenk?

Natürlich kann sich das Pferd an einem Gegenstand so gestoßen haben, dass einzelne Knöchelchen verschoben sind. Es kann aber auch durch banalere Dinge passieren. Steht ein Pferd z.B. vermehrt auf einem abfallenden Hang kann dies über Dauer ausreichen, dass sich Knöchelchen langsam zu verschieben anfangen.

Im Springsport kann eine Rückständigkeit durch eine unglückliche Landung entstehen. Oben habe ich aber schon erwähnt, dass jede Landung eine rückwärtige Wirkung auf das Karpalgelenk hat. Sind die Sehnen und Bänder der Pferde also geschwächt und schaffen es nicht mehr diese Bewegung zu kompensieren wirkt sich jede Landung nach einem Sprung auf das Karpalgelenk aus. Dieses muss nun nämlich zusätzlich die dämpfende Funktion der Sehnen und Bänder übernehmen und schafft dies nur durch das Verschieben von Knöchelchen. Im Dressursport oder auch allgemein beim Reiten entsteht eine derartige Verschiebung im Karpalgelenk auch, wenn der Reiter sein Pferd sehr vorhandlastig reitet. Durch diese Überbelastung auf die Vorhand kann das Pferd diese Mehrbelastung nur kompensieren, indem es die Vorhand beim Aufsetzen mehr stabilisiert. Dies passiert durch das "wandern" einzelner Knöchelchen nach hinten.

Ihr merkt also, dass ein einzelnes Gelenk einem Therapeuten schon sehr viel über das Pferd erzählen kann und wie viel Einfluss das Karpalgelenk hat.