Lange Pause - wie geht's nun weiter?


Es gibt immer wieder Fälle, bei denen das Pferd leider über einen längeren Zeitraum Pause braucht bzw. stehen gelassen werden muss. Doch was bewirkt diese Pause eigentlich im Körper und womit fange ich danach am besten wieder an und in welcher Intensität?

 

Recht passend für die Beantwortung der ersten Frage finde ich ein altbekanntes Sprichwort:

Wer rastet der rostet. Ziemlich genau dies passiert mit dem Pferd, wenn es über einen längeren Zeitraum stehen gelassen wird. Die ersten Anzeichen für den "Rost" sind, das wie bei älteren Pferden die Gelenke leicht das "Knacksen" anfangen. Durch das permanente Stehen ohne viel Bewegung liegt natürlich die Hauptaufgabe des Pferdes nicht in der Muskulatur sondern in den Sehnen und Bändern. Diese werden nun fast permanent belastet und erhalten nur selten Entlastung durch Bewegung. Es kommt zu Sehnenverkürzungen bzw. Verhärtungen, um den erhöhten Druck körperlich auszugleichen. Gerade im Kniegelenk zum Beispiel führt dies dann oft dazu, dass der Bandapparat, der für den Feststellmechanismus zuständig ist nicht mehr richtig funktioniert und das Pferd über die Dauer einen unreinen Gang in der Hinterhand ausprägt. Verstärkt wird die Problematik der Überbelastung der Gelenke natürlich durch den sich zurückbildenden Muskel. Ihr seht also, dass auch wenn das Pferd in der Box augenscheinlich nur abnimmt und vllt. ein leichtes "Knacksen" zu höhren ist, wenn es sein Gewicht verlagert, sich im Inneren einiges tut.

 

Kommt dann endlich der heiß ersehnte Tag X und man darf endlich wieder sein Pferd aus der Box holen wirkt dieses beim ersten Eindruck meist einfach nur steif. Die Bewegungen sind nicht ganz stimmig und etwas abgehackt. Doch aus dem oben erklärten Aspekt ist dies ja vollkommen verständlich und auch ganz normal. Bei uns Menschen schaut es wohl kaum anders aus, wenn wir z.B. nach einer abgeheilten Beinverletzung das erste Mal wieder Sport betreiben. Der Körper muss sich jetzt erst einmal wieder selbst finden. Natürlich ist jetzt die Lust sofort wieder zu reiten groß, da man das ja so lange nicht mehr tun konnte. Doch leider ist das gerade am Anfang am gefährlichsten. Durch den steifen Bewegungsapparat und die zurückgebildeten Muskeln ist gerade jetzt die Rückenmuskulatur besonders empfindlich gegenüber Druck. Nehmen wir also an, dass man sofort reitet wird sich ziemlich zügig, auch bei passendem Sattel, die Rückenmuskulatur zurückbilden und es können Muskelverquellungen entstehen.

 

Womit beginnt man also am besten nach einer langen Pause?

Am besten lässt ihr nach der langen Pause erst das Pferd noch einmal "durchchecken". Denn nichts ist ärgerlicher, als wenn das Pferd nach langem, harten Training anfängt sich schief zu bemuskeln und das nur, weil z.B. ein Beckenfehlstand vorlag. Nach diesem ersten Check gibt einem der Therapeut dann meist Übungen und weitere nützliche Tipps mit, wie ihr mit eurem Pferd (individuell) beginnen könnt.

Prinzipiell ist es am sinnvollsten mit Bodenarbeit und Gymnastizierung zu beginnen. Denkaufgaben sind zu Beginn zum Beispiel sehr hilfreich, da das Pferd hierführ (je nach Geschultheit) nie länger als eine halbe Stunde aufnahmefähig ist. Dadurch fängt das Pferd wieder schonend an sich zu bewegen und ist dabei aber komplett ausgelastet. Durch gezielte Longierarbeit wird die verschwundene Muskulatur wieder zügig aufgebaut. Hierfür eignet sich hervorragend das Longieren am Kappzaum und mit Körperband. Zum Ausgleich bzw. zur Erholung der Gelenke und zum Verlust der Steifheit eignet sich dann die Gymnastizierung (gerne auch mit Kappzaum). Hierbei kann man dann auch bei den korrigierten Läsionen ideal nacharbeiten. Frühestens nach zwei Wochen bei dementsprechendem Trainingszustand solltet ihr euch wieder auf euer Pferd setzen. Aber Vorsicht: Euer Pferd freut sich nun sicher genauso sehr auf diesen Moment wie ihr und es könnte etwas stürmisch werden. Solltet ihr nicht sicher sein, ob der Sattel nach dem auftrainieren der Muskulatur noch passt, lasst ihn bitte überprüfen. Natürlich möchte man nicht, dass die zwei Wochen Bodenarbeit innerhalb von drei Mal Reiten wieder zu Nichte gemacht werden, nur weil der Sattel nicht passt. Versucht beim Reiten auch erst einmal mit einer halben Stunde anzufangen und steigert dies erst mit der Zeit. Die Steigerung ist dabei sowohl auf die Zeit als auch auf die Intensität der Übungen bezogen. Beim Reiten ist es sehr von Vorteil erst einmal mit Gleichgewichtsübungen zu beginnen und somit das Pferd sowohl intellektuell zu fordern als auch das Gangbild wieder zu verbessern.

 

Nach ca. einem Monat solltet ihr nun an einem Punkt sein, an dem die Muskulatur eures Pferdes wieder deutlich gestärkt ist und das Reiten nun auch wieder richtig Spaß macht.

Vergesst aber trotz der Möglichkeit des Reitens (ab ca. der dritten Woche) die Bodenarbeit nicht, denn diese spielt immer eine wichtige Rolle um die Muskulatur immer wieder ideal aufzubauen.

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