Was kann ein unpassender Sattel alles bewirken?

Das eigene Pferd verändert sich über die Jahre immer wieder muskulär oder in jungen Jahren wachstumsbedingt im Körperbau. Dabei muss man auch den Sattel wieder und wieder auf die Veränderungen des Pferdes anpassen. 

Mal reicht ein leichtes Umpolstern aus, manchmal muss die Kammer verändert werden und ab und zu wird die Füllung sogar komplett getauscht. 

Doch was genau kann ein unpassender Sattel bewirken?

Natürlich hat nicht jeder unpassende Sattel sofort Einfluss auf die Anatomie des Pferdes; dieser entwickelt sich erst im Laufe der Zeit.

Ist die Kammer von einem Sattel z.B. zu eng, kann dies gleich mehrere Auswirkungen haben. 

Die Gängigste ist, dass die direkt darunterliegende Trapezmuskulatur weggedrückt wird. Dies erkennt man relativ gut daran, dass das Pferd hinter dem Schulterblatt am Widerrist stark eingefallen ist. Dadurch kann das Pferd auf lange Sicht betrachtet die Vorhand nicht mehr so weit nach vorne Strecken, da die Rotation des Schulterblattes vom Kopfeisen des Sattels blockiert wird. 

Ist das Kopfeisen sogar viel zu eng, merkt man das als Reiter daran, dass der Sattel nach der Reitstunde oder dem Ausritt deutlich weiter hinten liegt als beim Aufsatteln. 

Das Pferd schiebt dabei nämlich mit der Schulter bei jedem Schritt den Sattel minimal nach hinten.

Leider hat das oftmals die zusätzliche Folge, dass der Sattel dann im Bereich der Lendenwirbelsäule liegt, was zu starken muskulären Verspannungen in diesem Bereich führen kann. Diese Verspannungen wiederum können dazu führen, dass ein Pferd sich nicht mehr richtig auf die Hinterhand setzen lässt.

 

Das Gegenteil, eine zu weite Kammer, veranlasst den Sattel oft während dem Reiten nach vorne zu rutschen oder seitlich zu kippen. Fängt ein Sattel an seitlich zu kippen beeinflusst dies meist direkt die Brustwirbelsäule. Durch das ständige "wackeln", drückt das Sattelpolster seitlich gegen die Wirbelsäule. Dadurch verschieben sich auf längere Sicht betrachtet die Wirbel und das Pferd beginnt im vorderen Bereich oder beim Aufsteigen/Sattelgurten druckempfindlich zu reagieren. Beim reiten wiederum können diese verschobenen Wirbel und die damit verbundene Druckempfindlichkeit bewirken, dass ein Pferd Wendungen nicht mehr sauber reitet und weit fortgeschritten sogar, dass es nach/während einem Wechsel aus dem Zirkel/einer Volte stoppt.

Das Rutschen des Sattels nach vorne hingegen muss nicht zwingend durch eine zu weite Kammer erfolgen.

Andere Gründe dafür können fehlende Trapezmuskulatur oder ein zu tiefer Schwerpunkt sein. 

Rutscht der Sattel nun aber nach vorne ist das natürlich zum einen ärgerlich für den Reiter, da er immer wieder absteigen darf, damit er den Sattel richtet und zum anderen verlagert sich der Schwerpunkt durch das Rutschen meist nach hinten.

Liegt der Sattelschwerpunkt zu weit hinten hat dies sowohl für Pferd als auch Reiter Auswirkungen. 

Ist der Sattel nur ganz leicht nach hinten geneigt hat dies zur Folge, dass der Reiter erst einmal bequemer sitzt. Man hat leicht das Gefühl als könnte man sich am Sattel "anlehnen" wie in einem Sessel. Dies ist oftmals z.B. bei Wanderreitsätteln bewusst gewollt, da dieser Sitz die Beckenmuskulatur ein Stück weit entlastet und man so viel länger sitzen kann. Liegt der Schwerpunkt aber etwas weiter hinten, hat man z.B. beim Leichttraben das Gefühl, dass man nicht mit Sattel und Pferd schön mitschwingt, sondern fast hinauskatalpotiert wird bzw. unsauber "landet". Dies kann im Galopp so weit führen, dass eine versammelte Aufwärtsgaloppade fast nicht mehr möglich ist. 

Für das Pferd hingegen hat der verschobene Schwerpunkt je nach Stärke gravierende Folgen. Zum einen führt er zum Verhärten der hinteren Muskulatur, was gerade bei älteren Pferden einen Senkrücken begünstigen kann, und zum anderen gleicht das Pferd diese Disbalance in der Gewichtsverteilung durch verschobene Brustwirbel im Bereich vom Wirbel 16-18 aus. Dies hat natürlich auf lange Sicht die Folge, dass sich das Pferd fast nicht mehr auf die Hinterhand setzen lässt und sehr vorhandlastig läuft.

 

Liegt der Schwerpunkt hingegen zu weit vorne, hat man als Reiter gerne das Gefühl, als würde man nach vorne kippen. Gerade im Trab fällt es einem dann schwer mittig zu sitzen bzw. sitzen zu bleiben. Meist nimmt man deshalb die Steigbügel auch kürzer, als man es müsste. Dadurch verstärkt man für das Pferd leider nur den Druck nach vorne. Dies bewirkt bei diesem meist, dass gerade die tiefe Schultermuskulatur verhärtet wird. Dies lässt sich dahingehend erklären, dass der Sattel gerade bei Galoppsprüngen (wenn sich die Schulter nach vorne rotiert) in die Muskulatur drückt. Dadurch kann es beim Pferd gerne zu Tacktunreinheiten kommen und man hat als Zuseher oft das Gefühl, als würde das Pferd nicht so richtig aus der Schulter kommen bzw. dass die Schulterbewegung stark limitiert ist. 

Im Laufe der Jahre schleicht sich bei Sätteln aber auch das Problem ein, dass die Polsterwolle das Verklumpen beginnt bzw. das Kissen sehr hart wird. Durch derartige Verklumpungen entstehen Druckspitzen, obwohl der Sattel im Schwerpunkt liegt. Dies hat meist zur Folge, dass das Pferd an manchen Regionen des Rückens sehr druckempfindlich reagiert. All die beim Pferd beschrieben Probleme lassen sich (wenn sie schon länger vorhanden sind) nicht durch das einfache Abändern des Sattels korrigieren bzw. beheben. Es kann dann sogar sein, dass das Pferd trotz passendem Sattel nach wie vor druckempfindlich reagiert. Es lohnt sich deshalb durchaus immer wieder über die Brustwirbelsäule und die Rückenmuskulatur zu fahren, um zu überprüfen ob alles in Ordnung ist.Im Gegenzug reicht es natürlich auch nicht aus den Rücken zu behandeln, wenn der Sattel nicht passt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Christine Liebhaber (Mittwoch, 10 April 2019 13:36)

    Sehr geehrter Herr Biedermann,
    Wir haben heut telefoniert. Gerne hätte ich für mein Pferd Lea einen Termin zu Ostheopathie und zur Überprüfung des Sattels. Der Sattel rutscht nach vorne.
    Wir hatten das zweite Mai- WE in Erwägung gezogen..
    Bei uns wäre passend:
    Do ab 15 Uhr, Fr ab 13.30 Uhr, Sa zwischen 9 und 14 Uhr
    Herzl Grüße
    Christine Liebhaber